Königinnendisziplin Kontinuität
Die Königin stirbt – hoch lebe der König. Die Englische Monarchie besteht zu einem großen Teil aus der Versinnbildlichung von Kontinuität. Nicht nur die ewig regierende verstorbene Königin Elisabeth II, sondern jahrtausendealte Traditionen rund um die Trauerzeit und ihre Bestattung geben einen Einblick, dass Menschen schon sehr früh erkennen konnten, wie wichtig Kontinuität für das eigene Leben ist.
Ging für viele von uns in der letzten Zeit trotz Krieg und Klimakatastrophe von der verstorbenen Königin das Gefühl einer stabilisierenden Kraft in der Welt aus, so wurde spätestens durch ihren Tod für viele die große personifizierte Kontinuität, die von ihr ausgestrahlt wurde und ausging, deutlich.
In den letzten Tagen wurden wir alle Zeugen sehr ritualisierter Abläufe. Diese helfen den Trauernden, sie geben einem Volk, einer Gemeinschaft die Kraft die Trauerzeit auf eine erträgliche Art und Weise zu bewältigen.
Legt man das um auf die Depression, so zeigt sich, wie wichtig ein geregelter Tagesablauf, eine Tagesstruktur, regelmäßige und wiederkehrende Abläufe gerade für einen bedrückten Menschen sind. Ein – vielleicht sogar vorgegebener – Tagesablauf mit festgelegten Zeiten und Aufgaben kann zu einer der Säulen in der psychiatrisch-psychotherapeutischen Betreuung depressiver Patienten werden. Kleine Alltagsrituale und deren regelmäßige Wiederholung sind essenzielle Bestandteile.
Auch wenn uns diese aktuell rund um die Uhr live sichtbaren Bekundungen von Kontinuität einer Regierungs- und Lebensform etwas befremdlich erscheinen, so dürfen wir uns dennoch für die eigene Lebensbewältigung bewusst werden, wie wichtig kontinuierliche Abläufe und vor allem auch Menschen sind, die uns Kontinuität vermitteln. Die verstorbene Königin Elisabeth II versinnbildlichte dies in einem hohen Maße.