Leistungsdruck, Sucht & Depression

Leistungsdruck, Sucht & Depression

Leistungsbewusstsein ist etwas Gutes.  Es spornt uns an und gibt uns ein Gefühl der Zufriedenheit, sobald wir ein Ziel erreicht haben oder etwas geleistet haben. Wenn aus Leistungsbewusstsein aber permanenter Leistungsdruck wird, kann dies zu Depressionserkrankungen und Burn-Out führen.  Besonders erfolgsorientierte Männer neigen dazu, sich in dieser Situation selbst zu „therapieren“: Mit Alkohol, Medikamenten und Drogen.

Leistung als Teil männlicher Identität 

Für viele Männer ist die Notwendigkeit für nicht nachlassende Leistungsbereitschaft bis ins hohe Alter Teil ihrer männlichen Identität.  Betroffen sind sehr oft alle Lebensbereiche: Sie beginnt im höchst Privaten beim Sex und reicht bis ins beruflich Öffentliche. Das Leistungsdenken und der ständige Wettbewerb sind dominant und alternativlos.

Dieses persönliche Gefühl von „Leisten müssen“  wird oft von Außen, von der Gesellschaft gefordert. Erfolgreich in einer Leistungsgesellschaft zu  bestehen, bedeutet dem permanenten Leistungsdruck  standhalten zu müssen. Die Erwartung zu leisten und mehr zu leisten ist somit auch sozial konstruiert. Wir haben dieses „Leisten müssen“ so internalisiert, dass wir uns bei einem Scheitern sozusagen selbst sanktionieren. Eine geforderte Leistung nicht zu bringen, nicht zu erfüllen,  führt zu negativen Gefühlen und Mann stellst sich in Frage. Während in asiatischen Gesellschaften ein „Nicht Leisten“ oft ein Schamgefühl auslöst, führt ein solches bei uns in westlichen Gesellschaften zu Gefühlen der Schuld.  Die eigene Leistung verunsichert, wird als zu wenig oder wertlos angesehen. Gleichzeitig  ist die Bestätigung von Außen immer wichtiger. Dieser Kreislauf führt in Folge zu Burn-Out und Depressionserkrankungen.

Selbsttherapie mit Alkohol & Drogen

Die männliche Depression geht mit einer Leistungsminderung einher: Die seelische, geistige und körperliche Leistungsfähigkeit nimmt ab. Stress und Angst nehmen zu. Da es sich oft um einen schleichenden Prozess handelt, fällt vielen Betroffenen ihre eigene Verhaltensänderung gar nicht auf. Das gereizte Verhalten wird oft externalisiert. Besonders leistungsbewusste Männer neigen dazu, wenn Ihnen die Kraft ausgeht, dies selbst und ohne fremde Hilfe kompensieren zu wollen.

Einerseits werden häufig sogenannte überkompensatorische Aktivitäten (noch mehr Zeit in der Arbeit verbringen, noch mehr Sport machen…) unternommen. Andererseits werden häufig Hilfsmittel eingesetzt. Darunter fallen Alkohol, Nikotin und Substanzen mit Koffein bzw. Energydrinks, aber auch Aufputschmittel und unterschiedliche illegale Substanzen, die der Leistungssteigerung dienen. Auch Viagra zählt dazu.

Leistungsorientierte junge Männer machen auch während des Studiums bereits Erfahrungen mit Amphetaminen und Ritalin. Auch Modafinil hat einen richtigen Hype erlebt. Alles Substanzen, die wach und aktiv, leistungsfähig und konzentriert machen. Was im Studium  als kurzfristige Hilfe vor Prüfungen zur Leistungssteigerung benutzt wurde, darauf greift man eventuell auch im späteren Leben bei beruflichem Druck gerne zurück.

Um dann am Abend „abschalten“ zu können, wird gerne mal ein guter Schluck Hochprozentiges zu sich genommen. Oder die Flasche Wein.
Neben dem Missbrauch legaler Substanzen und verschreibungspflichtiger Medikamenten, versuchen sich Betroffene mitunter auch mit harten Drogen, wie Kokain oder Crystal Meth, aus ihrem vermeintlichen Leistungstief zu holen. Dabei wirken die Konsumenten eben keineswegs wie „Junkies“, sondern arbeiten erfolgreich in leitenden Positionen.
Die Mittel bewirken einen extremen Dopamin-, Serotonin- und Noradrenalinausstoß und sorgen so kurzfristig für ein High. Sie erfüllen ein vermeintliches Leistungsversprechen. Pushen die Leistungsfähigkeit, um Tage hochkonzentriert durcharbeiten zu können und liefern scheinbar unendliche Energie.

Psychische Gesundheit: Sich seiner Leistung bewusst sein

Es ist nicht sinnvoll eine außergewöhnliche Leistungsminderung zu übergehen. Noch weniger diese mit Leistungssteigernden Substanzen zu behandeln. Im Vordergrund sollte immer eine eingehende Diagnostik stehen, um herauszufinden, woher dieser ungewohnte Zustand kommt. Nicht selten steckt dahinter eine Depression.

Mehr von Dr. Marc Nairz-Federspiel

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